Wann gilt ein Medizinprodukt in der Schweiz «als in Verkehr gebracht»?
Swiss Medtech hat ein Rechtsgutachten zur Auslegung des Begriffs «Inverkehrbringen» erstellen lassen. Dieses kommt zum Schluss, dass ein gewisser Interpretationsspielraum besteht, pflichtet jedoch derjenigen von Medtech Europe bei: «Der Auffassung von Medtech Europe, die sich auf eine europarechtskonforme Auslegung stützt, ist somit beizupflichten, wonach ein auf dem Unionsmarkt bzw. dem Schweizer Markt verkehrsfähiges und fertiggestelltes Medizinprodukt als «in Verkehr gebracht» gilt, wenn es von einem Schweizer Händler (der dadurch zum Importeur wird) in die Schweiz eingeführt wurde.»
Link zum Gutachten
Swiss Medtech fordert, dass der Interpretationsspielraum, den die Definition von «Inverkehrbringen» zulässt, von den Behörden zugunsten der Patientenversorgung in der Schweiz ausgelegt wird. Wir weisen unsere Mitglieder darauf hin, dass Swissmedic – so die Antwort der Behörde – «im konkreten Einzelfall die nötigen Massahmen wie gewohnt unter Wahrung der Verhältnismässigkeit prüfen und treffen wird».
Unterschiedliche Auslegungen schaffen Verwirrung
- Swissmedic beschreibt in ihrem Merkblatt «Pflichten Wirtschaftsakteure CH» das «Inverkehrbringen in der Schweiz» als erstmalige Bereitstellung eines Produkts auf dem Schweizer Markt (z.B. durch Übertragung oder Überlassung zwischen Wirtschaftsakteuren oder von einem Schweizer Wirtschaftsakteur zu einer Gesundheitseinrichtung / zur Verbraucherin). Es bleibt unklar, ob die «Überlassung zwischen Wirtschaftsakteuren» die Transaktion zwischen ausländischem Hersteller und Schweizer Importeur miteinschliesst.
- Blue Guide: Der europäische Blue Guide besagt: «Stellt ein Hersteller oder Einführer ein Produkt einem Händler oder Endbenutzer erstmalig bereit, wird dies rechtlich stets als «Inverkehrbringen» bezeichnet.» Es bleibt unklar, ob die erstmalige Übertragung eines Medizinprodukts durch einen Hersteller an den EU-Importeur stets als «Inverkehrbringen» gilt oder nicht.
- Medtech Europe beschreibt «Inverkehrbringen in der EU» als den Vorgang, bei dem das Produkt die Herstellungsphase verlässt und in die Vertriebsphase in der EU eintritt. Damit ist klar, dass die erstmalige Übertragung eines Medizinprodukts durch einen Hersteller an den EU-Importeur bereits als «Inverkehrbringen» gilt, wenn dieser die Produkte mit der Absicht zum Vertrieb in der EU einführt.
Die Auslegung hat weitreichende Konsequenzen
Welche Auslegung zur Anwendung kommt, hat weitreichende Konsequenzen für die Versorgung der Schweiz mit Medizinprodukten. Schweizer Händler bewirtschaften ihre Lager so, dass sie stets lieferfähig sind. Allerdings wird erst mit dem Ende der Übergangsfristen gemäss Art. 104a MepV klar sein, ob der ausländische Hersteller für alle seine Produkte einen CH-REP benannt hat oder nicht. Falls er das nicht hat, ist die Ware an Lager je nach Auslegung des Begriffs «Inverkehrbringen»
a) konform, da bereits in Verkehr gebracht oder
b) nicht-konform und damit wertlos geworden.
Swiss Medtech vertritt als Branchenverband der Schweizer Medizintechnik rund 800 Mitglieder. Mit 71’700 Beschäftigten und einem Beitrag von 11,9 Prozent zur positiven Handelsbilanz der Schweiz ist die Medizintechnik eine volkswirtschaftlich bedeutende Branche. Swiss Medtech tritt ein für ein Umfeld, in welchem die Medizintechnik Spitzenleistungen zugunsten einer erstklassigen medizinischen Versorgung erbringen kann.